Mehrwertsteuer und ihre Risiken für Fotografen

Am 1. Januar 2007 wurde für viele Produkte und Dienstleistungen die Mehrwertsteuer bzw. Umsatzsteuer von bis dahin 16 % auf 19 % erhöht. Dass es eine ganze Reihe von Ausnahmen gibt, bei denen nur 7 % Mehrwertsteuer zu berechnen sind, wie z. B. bei den meisten Lebensmitteln, mag auch noch bekannt sein. Allerdings setzen sich nur wenige Bürger im Alltag mit den Feinheiten der in § 12 Umsatzsteuergesetz (UStG) geregelten Ausnahmen auseinander. Der folgende Beitrag soll die unterschiedlichen Steuersätze für Leistungen von Fotografen beleuchten und Ärger mit dem Finanzamt für Fotografen und deren Kunden vermeiden helfen.

Leistungsschutzrechte

Die Problemlage: Entscheidet sich der Fotograf dafür, alle Leistungen mit 7 % Steuersatz abzurechnen, riskiert er damit, später durch sein Finanzamt aufgefordert zu werden, die Differenz zum regulären Steuersatz von 19 % begleichen zu müssen.
Rechnet er dagegen alle Leistungen mit 19 % Steuersatz ab, wird sein Kunde möglicherweise Ärger bekommen, da ihm sein Finanzamt nur einen Vorsteuerabzug von 7 % erlaubt.
Beim Blick in das Gesetz (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG) ist festzustellen, dass für die „Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben“, ein Steuersatz von 7 %  gilt. Das heißt, dass alle Umsätze, die sich aus der Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte ergeben, mit 7 % zu versteuern sind.

Wann ist der reduzierte Mehrwertsteuersatz anwendbar?

Wie häufig in der Juristerei lautet die einzige richtige Antwort: Es kommt darauf an…
Welcher Steuersatz im Einzelfall einschlägig ist, hängt von dem Gegenstand des Vertrags ab, den der Fotograf mit dem Kunden abschließt. Haben die beiden etwa vereinbart, dass die Hauptleistung in der Überlassung der Nutzungsrechte besteht, ist der Anwendungsbereich des reduzierten Mehrwertsteuersatzes von 7 % eröffnet.

Was genau sind Nutzungsrechte?

Nutzungsrechte sind Rechte, die der Urheber (z. B. der Fotograf) an einen Dritten (z. B. den Kunden) übertragen kann und die diesen als Erwerber der Rechte ermächtigen, die Werke des Urhebers (z. B. Fotos) zu verwerten, also beispielsweise zu drucken und damit zu vervielfältigen sowie zu verbreiten, wie dies bei Werbefotografen, Modefotografen und Bildjournalisten der Fall ist. Der Rechtserwerb ist notwendig, da sonst die Verwertung der Fotos durch den Kunden rechtswidrig wäre.
Fälle, bei denen es eindeutig ist, dass die Hauptleistung des Fotografen in der Überlassung der Nutzungsrechte liegt, sind die Durchführung einer Auftragsproduktion für einen Kunden und die Lizenzierung der bereits produzierten Bilder aus dem Archiv des Fotografen. Dagegen stellt der Auftrag zur Anfertigung der Probebilder noch keinen Erwerb der Nutzungsrechte dar, da der Kunde lediglich die Anfertigung der Aufnahmen bezahlt. Folglich ist hier wieder der Steuersatz von 19 % heranzuziehen. Dies ist auch der Fall, wenn der Fotograf hochwertige Abzüge oder Ausdrucke seiner Arbeiten in limitierter Auflage anfertigt, um diese als Kunstobjekte zu verkaufen. In diesem Fall erwirbt der Käufer keine Nutzungsrechte an den Arbeiten, sondern lediglich die Eigentumsrechte an den Abzügen. Der Erwerber von Nutzungsrechten bleibt dann immer noch der Fotograf.
Nicht zu vergessen sind zudem die Nebenkosten, die bei der Produktion der Fotografien entstehen. Diese umfassen Modellhonorare, Studiomiete sowie die Materialkosten. Auf solche Nebenkosten ist der Mehrwertsteuersatz von 7 % nur dann anwendbar, wenn diese mit der Hauptleistung in einem inneren Zusammenhang stehen. Dies setzt voraus, dass durch die Kosten für Material, Miete sowie Modellhonorare die Herstellung der Bilder erst ermöglicht wird.

Wie soll ein Fotograf mit den Nebenkosten umgehen?

Manche Finanzämter lösen das Problem durch Splitting der Steuersätze. Dann gilt der reduzierte Steuersatz von 7 % nur für die Abrechnung des Fotohonorars. Für alle weiteren Leistungen gilt der übliche Steuersatz von 19 %. Dagegen lehnen andere Finanzämter ein derartiges Splitting ab. Begründet wird ein solches Vorgehen mit dem im Umsatzsteuerrecht geltenden Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung. Um sicher zu gehen, rechnen  viele Fotografen sämtliche Leistungen mit 19 % ab. Dies führt jedoch dazu, dass der Kunde möglicherweise in Schwierigkeiten gerät, wenn dessen Finanzamt den Mehrwertsteuersatz von 7 % für anwendbar hält und der Fotograf mit 19 % abrechnet. Im Einzelfall wäre der Kunde zur Rückzahlung verpflichtet. Dies würde eventuell zu erheblichen Beeinträchtigungen der Geschäftsbeziehung führen.

Keine allgemeingültige Lösung.

Entscheiden sich die Fotografen mit 7 % abzurechnen, gehen sie damit das Risiko ein, dass das Finanzamt später die Auszahlung der Differenz zum regulären Mehrwertsteuersatz von 19 % verlangt. Rechnen die Fotografen mit 19 % ab, gefährden sie damit ihre Kunden, die im Einzelfall von den 19 % lediglich 7 % absetzen können.

In Anbetracht der Risiken bleibt den Fotografen zu raten, danach zu entscheiden, welches Risiko in der konkreten Situation am geringsten ist und welches für Fotografen und Kunden die geringsten Belastungen auslöst.

Für konkrete Einzelfallberatung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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